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Zero Waste: Handarbeit & Nachhaltigkeit – Teil 3 – Bücher & Anleitungen

So geht ein nachhaltiges Anleitungs-Archiv

Wer gerne näht, häkelt oder strickt, hat ihn, den großen Stapel mit Handarbeitsbücher, den schrulligen Ordner aus dem die Schnittmuster nur so herauswuchern, den welligen Haufen DIY-Zeitschriften und einen Browser voller Lesezeichnen zu unzähligen Anleitungen aus den Tiefen des Internet. Häufig findet man – vor allem bei Pinterst – Ideen und Tutorials, wie man aus dieser Flut an Handarbeitsinspiration ein hübsches Archiv mit wohlsortierten Sammelstellen machen kann und wie man beim großen Frühjahrsputz am besten entscheiden kann, welches Buch ausgemistet wird.

Das ist schön! Ich liebe es meine Anleitungen zu sortieren, aber am Ende des Tages sollten wir daran denken, dass es vor allem eines ist: Ein riesiger Haufen Papier, der eine ganze Menge Ressourcen verbraucht hat und irgendwann seinen Weg in die Tonne finden wird. Glücklicherweise gibt es einiges was ihr machen könnt, um eure geliebte Sammlung von Anleitungen und Schnittmustern nachhaltiger zu gestalten. Dafür gibt es ein wenig zu wissen und ein wenig mehr zu tun. Also legen wird los!

Ein paar Gedanken zum Papier

Warum ist es wichtig, sich diese Gedanken zu machen? Papier scheint doch das viel bessere Produkt zu sein, als zum Beispiel Plastik. Es ist sogar der neue Star am Verpackungsmaterialhimmel. Um zu verstehen, warum auch Papier kein unproblematisches Produkt ist, muss man sich mit der Herstellung befassen.

Papier besteht zum größten Teil aus Zellulosefasern, die aus Holz gewonnen werden. Bei der Produktion wird Energie und vor allem Wasser verbraucht, das benötig wird um den Zellstoff aus den Holzfasern zu lösen. Die tatsächliche Ökobilanz des Papiers hängt von der Sorte ab. Recyclingpapier kommt bei Wasser-, Holz- und Energieverbrauch deutlich besser weg.

Verbrauch1 KG Recyclingpapier1 KG Normalpapier
Wasser15 Liter50 Liter
Energie2 kWh5 kWh
Fasergrundlage1,2 kg Altpapier1 Kg Fasern von 2,2 Kg Holz
(Quelle: Umweltbundesamt)

Hinter jedem Blatt Papier steckt ein Bäumchen

In etwa jeder 5. Baum der weltweit gefällt wird, landet in der Papierproduktion. Deutschland importiert fast 80% des Holzes dafür aus dem Ausland (z.B. aus Schweden, Finnland und Südamerika).

Durch die Rodung von Wäldern, verlieren Tiere ihren natürlichen Lebensraum und ganze Ökosysteme werden gestört oder vernichtet. Vor allem in Südamerika werden Nutzwaldflächen häufig auf zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen angelegt. Die dort lebenden Einheimischen werden verdrängt und sehen sich gezwungen durch Brandrodung Urwaldbestände zu vernichten, um auf den gewonnen Flächen Ackerbau zu betrieben.

Jeder fünfte Baum, der auf dieser Welt gefällt wird, landet in der Papierherstellung. Betrachtet man nicht das Brennholz, sondern nur das industriell genutzte Holz, so landet sogar fast die Hälfte in Papierprodukten. Schätzungsweise 20 % davon stammen aus Urwäldern.

(Quelle: Umweltbundesamt)

Für die Umwelt ist Papier also ein teures Produkt. Gleichzeitig ist unser Verbrauch sehr hoch. 2018 wurden pro Kopf alleine in Deutschland fast 250 kg Papier, Pappe und Karton verbraucht. Das sind insgesamt 20 Millionen Tonnen. Den größte Anteil des verbrauchten Papiers – etwa die Hälfte – machen dabei Druck-, Presse- und Büropapiere aus. (Quelle: Umweltbundesamt) Dazu zählen auch unsere Häkelbücher, Strickzeitschriften und Schnittmuster. Wie also den Verbrauch reduzieren und trotzdem Spaß beim Handarbeiten haben?

Viele Wege führen zur Häkelanleitung

Um an schöne Anleitungen zum Nähen, Stricken und Co zu kommen, gibt es drei Wege: Online, Bücher und Zeitschriften. Jeder dieser Wege hat Vor- und Nachteile, was die Nachhaltigkeit angeht.

Minimal Waste Technik Reader Tablets
(Foto: Marek Levak via Unsplash)

Das größte Angebot bietet sicherlich das Internet. Hier findet ihr zahllose Blogger*innen, Unternehmen und Netzwerke, die kostenlose Anleitungen und Tutorials anbieten (Hallo! 🤗👋). Daneben gibt es außerdem Plattformen wie Makerist* oder CrazyPatterns, die euch für kleines Geld mit hochwertigen Schnittmustern und E-Books von freischaffenden Designer*innen versorgen.

Digital heißt nicht immer umweltfreundlich

Auf den ersten Blick sind digitale E-Books die ressourcenschonendste Variante, um Anleitungen zu nutzen. Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass es auch hier problematisch werden kann. So haben viele Nähanleitungen große Schnittmuster, die ausgedruckt werden müssen, oder das E-Book wird gedruckt, weil kein Platz für den Laptop neben der Nähmaschine ist. Und ist es nicht viel gemütlicher eingerollt auf dem Sofa zu stricken, mit der ausgedruckten Anleitung dabei, als mit dem Tablet?

Bei E-Books und sonstigen digitalen Anleitungen ist eigentlich nicht so schwer ressourcenschonend zu bleiben: Druckt sie nicht aus! Wenn das nicht möglich ist, dann greift auf Recyclingpapier zurück. 500 Blatt Recyclingpapier sparen ca. 5,5 kg Holz im Vergleich zu herkömmlichem Papier. Und wie bereits oben beschrieben, hat dieses eine deutlich bessere Ökobilanz. Viele denken bei Recyclingpapier noch an graue Blätter und kratziges Klopapier. Das ist aber schon lange nicht mehr so. Auch nachhaltiges Papier gibt es in rein- und naturweißer Ausführung ohne Unterschiede zum Normalpapier. Um Papier zu sparen könnt ihr außerdem doppelseitig ausdrucken und – wenn es nicht zu klein wird – zwei Seiten auf eine drucken.



Eine gute Hilfe beim Papierkauf ist laut Bundesumweltamt das Siegel Blauer Engel. Um das Umweltzeichen zu erhalten müssen die höchsten Standards an die Produktion erfüllt sein.

Recyclingpapier mit diesem Zeichen:

  • besteht zu 100% aus Altpapier
  • wird energie- und wassersparend hergestellt
  • ist schadstoffarm
  • hat eine Lebensdauer von mind. 100 Jahren


Auch für Schnittmuster gibt es Lösungen

Bei Schnittmustern kann man tatsächlich nicht auf den Ausdruck verzichten. Irgendwie muss die Vorlage nun mal maßgetreu auf den Stoff. Aber auch darüber haben sich schlaue Köpfe bereits Gedanken gemacht. Die App Pattarina nutzt beispielsweise Augmented Reality um Schnittmuster direkt vom Handy auf Stoff zu übertragen. Der einzige Wermutstropfen ist, dass dies nur mit für die App vorgesehenen Schnittmustern funktioniert. Aber auch hier wird das Angebot immer größer, denn immer mehr Designer*innen arbeiten mit Pattarinacode. Auch bei den gängigen Plattformen, wie z.B. Makerist findet ihr eine große Auswahl*.

Handarbeitsbücher dürfen nicht fehlen

Die schönsten und hochwerigsten Anleitungen finden sich meist in Büchern. Es ist doch wundervoll sich in ein neues DIY-Thema zu vergraben, alle Infos kompakt auf 100 Seiten zusammengefasst, inklusive toller Projekte, die meist auch noch gut zusammen passen. Meine kleine Bibliothek hüte ich jedenfalls wie einen Schatz und nur selten wird mal ein Buch verliehen (und zur Not inkassomäßig zurückgefordert 😉). Da Bücher in der Regel eine höhere Lebensdauer haben, als ein schnell gedruckte Anleitung aus dem Internet, sind sie sicher weniger problematisch.

Nachaltigkeit Bücher E-Book-Reader Tutorials
(Foto: Les Triconautes via Unsplash)

Dennoch steckt eine Menge Papier zwischen den Buchdeckeln und eine Menge Energie ist in Produktion und Vertrieb gegangen. Deshalb könnt ihr auch hier ein paar einfache Maßnahmen umsetzten, um etwas nachhaltiger zu lesen (funktioniert übrigens mit allen Büchern 😉).

Ausleihen vorm Kauf: Bevor ihr euch ein unbekanntes Handarbeitsbuch kauft, probiert es nach Möglichkeit erstmal aus. Leiht es zum Beispiel in der Bücherei oder bei einer Freundin aus. Erst wenn es euch gut gefällt und ihr lange was davon habt, gehts ans Shoppen.

Lieber Gebraucht als Neu: Bevor ihr neu kauft, schaut euch erstmal nach einem gebrauchten Exemplar um. Viele Plattformen bieten gebrauchte Bücher* zu guten Preisen und meist in perfektem Zustand an. Auch viele Büchereien verkaufen regelmäßig für kleine Geld Bücher aus dem Bestand. Und stöbert euch mal durch den nächsten Flohmarkt, da finden sich richtige Schätze!

Tauschen gegen andere Bücher: Falls du andere Bücher oder Magazine hast, die du nicht mehr brauchst, kannst du diese vielleicht gegen das Buch der Stunde tauschen. Bei Facebook gibt es zum Beispiel viele regionale Tauschgruppen.

Lieber Lokal als beim Onlineriesen: Über das Für und Wider des Einkaufens im stationären Handels habe ich ja in Teil 1 und Teil 2 dieser Reihe schon viel geschrieben. Daher hier nur kurz: Wenn ihr könnt, unterstützt lieber euren lokalen Buchladen, als z.B. Amazon. Bevor ihr euch dafür aber ins Auto setzen müsst, schaut welche regionalen Händler Onlineshops betreiben – denn den haben inzwischen die meisten.



Wohin mit den alten Büchern?

Wenn ihr dann alle Bücher gelesen, alle Anleitungen gehäkelt habt und alle Schnittmuster vernäht sind, steht oft das große Ausmisten an. Bevor ihr alles in die Tonne haut, könnt ihr hier noch ein bisschen was für die Umwelt – und eure Mitmenschen – tun.

Zero Waste Tipps und Tricks Bücher
(Foto: Delfi de la Rua via Upsplash)

Verschenken: Vielleicht hat ja noch jemand Freude an eurem Buch, also versucht es in den oben beschriebene Tauschgruppen. Oder fragt eure handarbeitsliebenden Freund*innen.

Weiterverkaufen: Es gibt unzählige Möglichkeiten gebrauchte Bücher im Internet zu verkaufen. Den einfachsten Weg bieten Plattformen wie Momox* oder ReBUY*. Dort erhaltet ihr in der Regel auch direkt eurer Geld und habt weniger Aufwand was den Versand angeht.

Bücherschank/Give-Boxen: Auch bei euch in der Nähe gibt es bestimmt einen Bücherschrank oder eine Give-Box, in der ihr gebrauchte Bücher für eure Nachbarschaft stellen könnt. Vielleicht findet ihr ja dabei direkt was Schönes für euch zum Mitnehme.

Und wie ist das mit unseren Zeitschriften?

Ich gebe zu, ich bin ebenfalls bekennende Häkelzeitschriftensüchtige. Ich habe nicht nur ein Abo und bin Stammgast in unserem Kiosk. Dennoch sind Magazine kleine Altpapierschleudern. So gehen zum Beispiel mehr als ein Drittel der Zeitschriften unverkauft zurück an die Verlage und damit in der Regel auch ins Altpapier. Außerdem sind Magazine nicht so stabil wie Bücher und werden wenn sie nicht „respektvoll“ behandelt werden, schnell unansehnlich – und landen dann ebenfalls im Müll.

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(Foto: Jonas Jacobsson via Unsplash)

Im Großen und Ganzen gelten für das kaufen, verbrauchen und verkaufen von Zeitschriften, die gleichen Tipps, wie für Bücher. Außerdem gibt es Anbieter, wie z.B. Readly, die digitales Lesen möglich machen und auch viele DIY-Magazine im Angebot haben. In Tauschgruppen sind guterhaltene Zeitschriften außerdem ein gern gesehene Währung.

Achtet darauf eure Sammlung ordentlich aufzubewahren, z.B. in Magazinhaltern* oder Stehsammlern*. So habt ihr viel länger was davon und falls ihr sie nicht mehr haben wollt, bietet ein guter Zustand bessere Chancen beim Tauschen oder Verkaufen.

Ist der eReader die Lösung?

Wer sich mit nachhaltigerem Lesen beschäftigt – egal ob nur von Strickbüchern – kommt um die Frage nach einem eBook-Reader nicht vorbei. Bücher und Zeitschriften nicht mehr gedruckt sondern nur noch digital zu lesen ist doch eigentlich die Lösung, oder? Die Antwort lautet wohl leider „Jein“. Denn ob ein eReader wirklich die beste Lösung ist, hängt sehr stark vom individuellen Leseverhalten ab. So richtig lohnt sich die Anschaffung bezogen auf die Ökobilanz nur für Vielleser. Denn ein Buch sorgt für einen CO2-Ausstoß von „nur“ ca. 1 Kg, während die Herstellung eines eReaders 25 Kg verbraucht. Hinzukommt noch der eigene Stromverbrauch, der für’s ständige Aufladen draufgeht. Wenn ihr aber im Schnitt mehr als 30 Bücher im Jahr lest, seit ihr mit dem eReader auf der ökologischeren Seite (Quelle: Quarks, 2018).

Minimal Waste im Alltag Recycling
(Foto: Perfecto Capucine via Upsplash)

Noch etwas besser wird eure persönliche eReader-Bilanz, wenn ihr euch einen gebrauchten entscheidet. Viele Anbiete bieten generalüberholte Geräte* an, die wie neu sind.

Gleiches beim Kauf von Tablets*, wie z.B. dem iPad. Die Ökobilanz der einzelnen Produkte hängt hier allerdings stark vom Hersteller ab. Greenpeace hat sich die gängigen Hersteller unter den Aspekten Ressourceneinsatz, Energieverbrauch und Einsatz von Chemikalien genauer angeschaut. Hier könnt ihr euch einen guten Überblick verschaffen. Auch hier gilt, ihr könnt schon einiges besser mache, wenn ihr euer neues Tablet gebraucht* erwerbt.

Alle Tipps auf einen Blick

  • Spart Papier wo immer es geht! Ausdrucke nur als Ausnahme und auf Recyclingpapier.
  • Leihen ist besser als neu kaufen!
  • Gebraucht kaufen ist besser als neu kaufen!
  • Neue Bücher kaufen wir beim Buchhändler nebenan.
  • Bücher, Anleitungen und Zeitschriften, die ihr nicht mehr braucht verschenken, verkaufen, tauschen statt wegwerfen.
  • eReader und Tablet sind nur sinnvoll, wenn sie viel genutzt werden.
  • Gebrauchte Geräte kaufen, statt neue!

Schreibt gerne in die Kommentare, was ihr unternehmt, um eure Hobbys möglichst nachhaltig zu gestalten! Ich freue mich auf euere Tipps & Tricks. Das war der vorerst letzte Teil zur Reihe Nachhaltigkeit & Handmade. Alle Tipps zum nachhaltigen Umgang mit Nadel, Schere und Co finden ihr im ersten Teil über Werkzeuge. Teil 2 verrät euch wie ihr umweltbewußt Wolle einkaufen könnt und wie ihr einen nachhaltiges Materiallager anlegt.

Interessante Quellen zum Weiterlesen:

Sind E-Book-Reader umweltfreundlicher als Bücher (Quarks, 2018)

Greenpeace-Ranking: So umweltfreundlich sind Apple, Samsung und Co. (utopia.de, 2017)

Papier – Wald und Klima schützen, Broschüre (Quelle: Bundesumweltamt, 2012)




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3 Comments

  • Thomas Karbowski

    Danke für den Tipp, vor dem Kauf eines unbekannten Handarbeitsbuchs kauft es nach Möglichkeit erstmal auszuprobieren. Mein Onkel möchte sich auch mit Handarbeit beschäftigen. Ich habe ihm aber geraten, aus Nachhaltigkeitsgründen nicht so viel Bücher auf einmal zum Thema Handarbeit zu kaufen, sondern sie in der Bücherei zunächst durchzulesen.

    • Inga Line

      Freut mich! Liebe Grüße an den Onkel. Alternativ könnte er auch nach gebrauchten Büchern im Internet suchen. Da gibt es einiges an Auswahl.

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